Mittwoch, 24. November 2010

Enzephalogramm

Warum schreiben
Warum nicht lieber
Orgasmen
den ganzen Tag Orgasmen
ohne schreiben
gefühltes Schreiben im Innern
Lichtenergie
anstelle von grauem November
Der November ist ein pelziger Biber mit Speckschicht, ein Igel, der die letzten Würmer oder Schnecken schmatzend kaut bevor er sich einrollt
starr wird, pausiert

Der hat es gut
Der muss Weihnachten nicht ertragen
geschweige denn
vorbereiten
Gänsehaut und Übelkeit bei Liedern und Ge-schenk-en
die manchen Orgasmen schenken
Manchen scheint die gestrickte Socke oder die Perlenkette oder der Topf oder der Ring oder der Seidenschal
traurig
Der Bauch schwillt, die Gänsekeule ragt noch aus dem Mund heraus
rien ne va plus
und noch ein Krimi und noch ein Glas Sekt oder darf es Schampanjer sein
echt gut, nicht von Aldi, feinperlig, ah welch ein Genuss
warum weinst du eigentlich
warum lachst du nicht
ist doch so viel da, so viel von allem
siehst du das nicht
nimm es dir
nimm was du brauchst
die Sterne am Himmel und die Nachtluft
und die Stille und das feine Zittern
die Zärtlichkeit des Jetzt
Jetzt ich, jetzt du
Abschied und Jetzt

Zu Weihnachten wünsch ich mir
eine große dicke Mama
kuschelig, flauschig
so dick, dass man mit den Händen und Armen
nicht den Körper umfassen kann
so dick
ein Universum an Kraft und Liebe.
Ja, bitte, bitte!?

Soll ich sie dir bauen, die Mama?
Wo krieg ich so viel Watte her?
Watte, Watte
Vielleicht soll ich meinen Sitzsack
umarmen, mal üben bis dahin
im November

Dienstag, 9. November 2010

Nachmittag

Was ist der Nachmittag?
Kaffee und Kuchen
Kinder und Geschrei
Abwehr des Lebens
vom Morgen und vom Abend
davor und danach

Schwebe
Energie verbraucht
aber nicht ganz
Nicht mehr ganz da
noch nicht ganz weg
Traurigkeit, die sich einfrisst
in die Haut, den Kopf
den Unterleib
Wann ist der Tag zu Ende
wann das Leben
Wann aber fängt es an?

Fernsehen: Fenster zur Welt
Soll ich meinen Körper salben?
Abwehrsalbe oder Einziehsalbe?
Wo tut es weh? Wo sieht man es?
Soll man es sehen? Dürfen?
Alles geht im Fernsehen.

Einmal war ich im Fernsehen.
Da war ich stolz.
Da war ich wer. Wer?
Da war ich sichtbar.
Aber ich war nicht zufrieden.
Mit mir im Fernsehen.

Nachmittag - Bügelbrett
Herbst, Wolken, der Himmel steht
die Sonne ist sonstwo
Vielleicht auf den Fidschi-Inseln
im seichten Wasser bei Korallen
und bunten Fischen
Fische in Fidschi
Vielleicht in mir,
aber ich packe sie nicht aus, die Sonne.

Ich habe
viele Möglichkeiten und fürchte mich
Das ist genaugenommen gut
denn es ist genau jetzt.
Zufriedenheit und Unzufriedenheit
sind gut. Sie sind dasselbe.
Ich bin du. Du bist das Licht
und das Licht ist der Fisch und
der Fisch ist der Fischer und der
Fischer ist das Meer und das Meer
ist das Salz und das Salz
ist die Erde und die Erde ist
die Luft und die Luft ist
alles und alles ist auch ich.
Ich bin alles. Alles ist ich.
Und mein Stift wird langsam leer.
Ich kann es sehen, denn die Hülle ist durchsichtig.

So ist der Nachmittag: Eine Gelstiftmine, die schrumpft, und man kann dabei zuschauen.

Freitag, 15. Oktober 2010

Ver-rückt

Ab-gerückt von der Konvention
vom man macht, man soll
Ich in der geschälten Version
nackt und schön
berührbar und berührt
prall wie ein Baby
voll Lebensstaunen

Sie rennen hinter dir her
und wollen dich fangen
Zwangsjacke im Gepäck

Aber da ist dein Leben
nackt und schön
unendlich
dein unendliches Leben
das fließt, fließt
mit allem fließt
mit allem eins ist
berührt von der Schwingung:
Lebenssaite
Ich spiele meine Lebenssaite
Sie ist gespannt in meinem Körper
Ich schlage sie an
ein Wohlklang
Verbreitet sich Schwingung
über mich, über alles
Dong
dong
dong

Ver-rückt, mutig, ich und alles
Glücklich, dass es ist
Gerührt und dankbar
für mein Sein
für das Wachen in der Nacht
die Kühle, die Stille und die Eleganz
der Nacht
zärtliche Hand, die mich streift
Ver-rückt und zentriert
am Epizentrum brodelnder Energie
zuschauen, die Schale halten
wenn sich etwas in sie ergießt.

Donnerstag, 29. Juli 2010

Blick vor und zurück

Ich würde dir gerne begegnen
jenseits deiner Gedanken
Ich würde mir gerne begegnen
jenseits meiner Gedanken
Ich würde uns gerne begegnen
entschlungene Gedanken
Arme umschlungen
um die Lippen
eingesogen, angehaucht, liebkost
Die Körper in einem
Puls von Ewigkeit und Verlangen
Da will ich ein Körnchen sein
in mir
in dir
ein Hauch, ein Lichtstrahl
zitternd in der Mittagshitze
und verwehen.

Mittwoch, 28. April 2010

Gesangsstunde

Sonne und Licht
und Strahlen und
frei und tanzen
und alles und mein Herz klopft wild
und der Kopf schwirrt mir und
wo ist meine Kontrolle und
ich bin müde, aber
möchte nicht schlafen
und ich habe Sehnsucht
dass mein Leben sich erfüllt
dass Schönheit wahr wird
dass sich das Lachen vereint
dass ich schmelzen darf
im Tanz mit dir

Montag, 26. April 2010

Fata Morgana

"Dein Blick, der zu mir nichts sagt, nicht mich meint, nicht in mich eindringen will. Freundlich distanziert. Auf Wiedersehen. Und dann gehen wir auseinander als wäre nichts."

Sie schämt sich. Schämt sich ihrer Sehnsucht, ihrer Gier, all ihrer Gefühle, die ein Du suchen, schämt sich ihrer Einsamkeit. Will sich nicht zeigen, nackt und bedürftig. Eine Bettlerin am Straßenrand mit ausgestreckter, schmutziger, schwieliger Hand.

"Kann ich mit dir gehen? Kann ich dir jemand sein? Kann ich dir wichtig sein? Gib mir deine Hand, ich möchte deine Wärme spüren und mit dir wegschwimmen, wo immer du auch wohnst. Es wird schon nahebei sein."

Doch dann zieht sie ihre Hand wieder zurück, weil sie erkennt: der Blick des anderen trifft nicht ihren. Er ist in seiner Welt und schreitet weiter, verschwimmt im abendlichen Licht.

"Was soll ich noch hier?", denkt sie sich, und geht los, irgendwo hin, die Straßen kreuz und quer.
"Ich werde wohl irgendwo ankommen. Irgendwo, von dem ich noch nicht weiß."

Mittwoch, 21. April 2010

Alles

"Ja, ich will,
ich will mich selbst.
Ja, ich will mein Leben!"
Schrieb es dir nur als Appell
und wurd' wundersam
mir selbst zum Trost gegeben.

Dank dir. Dank mir.
Dank allem, dass es ist.

Freitag, 2. April 2010

Davor und danach

Starbucks am Friesenplatz:
perfekter Ort urbanen Treibens
Ausgestellt im Schaufenster sitzen
in dicken Sesseln lümmeln
lauwarme "Hot Chocolate Tall" in Humpentasse.
Passanten schreiten und hasten vorbei
U-Bahn, Ampeln, Autos, LKW
unterwegs, unterwegs.
Politesse in Uniform, Brille, Strähnchenhaar
Passant mit Aktenkoffer fragt nach dem Weg.
Da hin! Danke.
Postbotin schiebt rauchend ihren gelben Briefwagen.
Junge Menschen in der Mittagspause
Gespräche. Beiläufiges Plappern.
Akustische Gitarre und amerikanischer Gesang
plätschern dazu.
Wartende Frau wird draußen von
heraneilendem Mann begrüßt, geküsst, weggeführt.
Laufreklame, Blaulicht, Tatütata.
Nur junge Menschen - ich werde alt.
Tik, tik, tik, wohin läuft meine Uhr?
Schneller, rast wie die Taxis da:
Taxometer auf 1.000.000.000 Euro oder mehr?
Grüne Ampel: hinüberhetzen
den Termin bekommen.
Schlapp, schlapp, Schuh ist auf
Jeanssaum ausgetreten
aber nur an einem Bein

Wann breche ich auf?
Wann ist es Zeit?
Wann ist noch genug Zeit
zu laufen, zu schauen, zu atmen
bevor es beginnt?
Ich muss los.

Montag, 18. Januar 2010

Wer kann ich sein?

Ich kann ein Fels sein, den das Wasser umspült. Ich kann das Wasser sein, das den Fels aushöhlt und das die Fische beherbergt, die in ihm wohnen. Ich kann ein Fisch sein, der in dem Wasser lebt, sich von ihm tragen lässt und sich in Felsen versteckt.
Ich kann groß sein, ich kann klein sein, wenn ich es für möglich halte.

Wonach sehne ich mich?