Dienstag, 9. November 2010

Nachmittag

Was ist der Nachmittag?
Kaffee und Kuchen
Kinder und Geschrei
Abwehr des Lebens
vom Morgen und vom Abend
davor und danach

Schwebe
Energie verbraucht
aber nicht ganz
Nicht mehr ganz da
noch nicht ganz weg
Traurigkeit, die sich einfrisst
in die Haut, den Kopf
den Unterleib
Wann ist der Tag zu Ende
wann das Leben
Wann aber fängt es an?

Fernsehen: Fenster zur Welt
Soll ich meinen Körper salben?
Abwehrsalbe oder Einziehsalbe?
Wo tut es weh? Wo sieht man es?
Soll man es sehen? Dürfen?
Alles geht im Fernsehen.

Einmal war ich im Fernsehen.
Da war ich stolz.
Da war ich wer. Wer?
Da war ich sichtbar.
Aber ich war nicht zufrieden.
Mit mir im Fernsehen.

Nachmittag - Bügelbrett
Herbst, Wolken, der Himmel steht
die Sonne ist sonstwo
Vielleicht auf den Fidschi-Inseln
im seichten Wasser bei Korallen
und bunten Fischen
Fische in Fidschi
Vielleicht in mir,
aber ich packe sie nicht aus, die Sonne.

Ich habe
viele Möglichkeiten und fürchte mich
Das ist genaugenommen gut
denn es ist genau jetzt.
Zufriedenheit und Unzufriedenheit
sind gut. Sie sind dasselbe.
Ich bin du. Du bist das Licht
und das Licht ist der Fisch und
der Fisch ist der Fischer und der
Fischer ist das Meer und das Meer
ist das Salz und das Salz
ist die Erde und die Erde ist
die Luft und die Luft ist
alles und alles ist auch ich.
Ich bin alles. Alles ist ich.
Und mein Stift wird langsam leer.
Ich kann es sehen, denn die Hülle ist durchsichtig.

So ist der Nachmittag: Eine Gelstiftmine, die schrumpft, und man kann dabei zuschauen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Überall Trennwände und Trennscheiben: Abwehrschilde, Körpergrenzen, Fernsehbildschirme, Bügelbretter, Packpapier, Plastikhüllen. Aber dennoch fließt da vieles hin und her und durch und weg. Ineinander geht es über, und das kommt einem sehr schön entgegen. Noch schöner ist, dass das Ich so sehr hinter sich her ist, neugierig und aufmerksam. Was hier zur Neige geht, ist nur der Blick, nicht das Auge des Ichs. Wenn es alles ist, kann es alles sein. Es scheint auf dem Weg zu sein, auch wenn es die Härte des Wegs nicht verleugnet. Wenn es so sein soll, dann sei es so.